Keine Bühne für Rechtsextremisten!

Keine Bühne für Rechtsextremisten! Nicht im ÖRR und auch nicht in Bad Freienwalde!

Die Rede vom Protest am 14. Oktober 2024

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir sind heute hier, weil wir ein Zeichen setzen wollen gegen die Normalisierung von rechtsextremen Personen und rechtsextremen Positionen!

In der Aula des Bertolt-Brecht-Gymnasiums begann das aktuelle Schuljahr mit einer Ausstellung gegen Rechtsextremismus. Schüler*innen und Lehrkräfte engagierten sich dafür. Am gleichen Ort soll heute Jean-Pascal Hohm sprechen. Er will der Chef der neuen AfD-Jugend werden.i

Von sich selbst sagt er, er sei Teil einer Bewegung. Dabei sieht die Arbeitsteilung der extremen Rechten so aus: „Pegida auf der Straße, die Identitäre Bewegung auf dem Brandenburger Tor und die AfD im Parlament.“ii

Das bedeutet, dass die AfD der parlamentarische Arm der extremen Rechten ist, die an anderen Orten mit Einschüchterung und Gewalt agiert.

Dabei hat Jean-Pascal Hohm keine Berührungsängste: Im Potsdamer Landtag kann man den smarten Anzugträger erleben, aber auch unter gewaltbereiten Fußballhooligans fühlt er sich wohl.iii

Hohm spricht von Überfremdung, gegen die sich die Jugend durch Kampfsport zur Wehr setzen müsse. Heimat und Volk will er angeblich schützen. Dabei hat die AfD nichts anzubieten außer Abwertung, Diskriminierung und Zerstörung. Es gibt keine positive Vision, kein Gesellschaftsbild, für das sich ein Engagement lohnt.

Am Ende heißt das Programm: Deportation und Deregulierung.

Erst sollen alle Ausländer*innen und auch „nicht-ethnische Deutsche“ weg, dann der Sozialstaat.

Neben der Hetze gegen Migrant*innen geht es darum, den Schutz von Arbeitnehmer*innen abzuschaffen. Weg mit dem Sozialstaat. Weg mit dem Mindestlohn. Entlastung für Superreiche. Weg mit Regulierungen, die dem Kapital Grenzen setzen. Und das verkauft die AfD uns als „Freiheit“.

Nach massenhaften Deportationen muss die verbliebene Bevölkerung wirtschaftlich ausgebeutet werden. Denn wer soll in einer überalterten Gesellschaft die Jobs noch machen? „Die Lebensauffassung, bei der Lust, Genuss und Freude als höchstes Gut des Lebens gelten, ist eher eine linke Weltanschauung“, hieß es jüngst von der AfD Brandenburg. Stattdessen brauche es „Zucht, Ordnung, Disziplin“. Ganz praktisch heißt das: „Wir wollen keine Ausländer. Weniger Migration heißt für die Deutschen: länger Arbeiten und weniger Urlaub.“iv

Neben Menschen mit Migrationshintergrund werden vor allem alleinerziehende Frauen unter dieser Politik leiden. Sie sind die größte Gruppe, die von den Sanktionen beim Bürgergeld betroffen sind, die die AfD mit herbeigeführt hat. Auch Senior*innen gehören dazu – rund 18 Prozent der Rentner*innen gelten als arm – mit schnell steigender Tendenz.

Aktuell deutet vieles darauf hin, dass das destruktive Gesellschaftsbild der AfD sich durchsetzen könnte, da zu viele mitmachen. Die AfD hat es bereits geschafft, die Stimmung in Deutschland so zu verschieben, dass bei den Ärmsten gekürzt wird, während die Reichsten immer reicher werden.

Hier in Bad Freienwalde diffamiert die AfD Menschen, die sich für Demokratie und eine solidarische Stadtgesellschaft engagieren. Sie will das Jugendzentrum schließen, das sich für queere Jugendliche einsetzt.v Sie hetzt gegen Migrant*innen und gegen Menschen mit Behinderung, die das Stadtbild der Kurstadt stören würden. Sie zeigt Verständnis für Gewalt gegen diejenigen, die sich für Menschenwürde und Vielfalt einsetzen.vi

Auch Jean-Pascal Hohm vertritt die Idee einer ethnischen Reinheit des Volkes: Darin haben Menschen mit Behinderungen keinen Platz. Da haben queere Menschen keinen Platz. Da haben Menschen mit psychischen Erkrankungen keinen Platz. Da haben Migrant*innen keinen Platz. Da haben schwarze Menschen keinen Platz.

Die AfD arbeitet an der Hierarchisierung aller Menschen. Wer nicht in die Ordnung passt, wird eliminiert. Zuerst symbolisch, durch Recht. Dann real, durch Gewalt. Das ist das historische Muster.

Der Schriftsteller Stefan Zweig schrieb über den Aufstieg der Nationalsozialisten: „Die Freiheit der Gedanken ist nicht bedroht durch jene, die offen angreifen – sie ist bedroht dadurch, dass man ihnen die Bühne gibt.“ Er schrieb auch: „Der Nationalsozialismus hat sich vorsichtig in kleinen Dosen durchgesetzt – man hat immer ein bisschen abgewartet, bis das Gewissen der Welt die nächste Dosis vertrug.“

Schon vor 100 Jahren vertraten respektable Bürger*innen, Intellektuelle, Journalist*innen die Position: Lasst uns fair sein. Lasst die NSDAP auch ihre Positionen vertreten. Das ist Demokratie – die Vielfalt der Meinungen.

Damals traten die Faschisten im Radio auf, heute im Fernsehen. Sie wurden legitimiert und normalisiert. Und während das geschah, arbeiteten sie daran, genau diese Demokratie zu zerstören. Sie sprachen von Umverteilung, während sie Entrechtung planten. Sie sprachen von Ordnung, während sie Verfolgung und Vernichtung vorbereiteten.

Das ist die perfide Logik: Die Demokratie wurde durch ihre eigene Toleranz zerstört. Nicht weil die Demokratie schlecht ist – sondern weil sie gegenüber den Feind*innen der Demokratie zu tolerant war.vii

Und heute? Heute sehen wir genau das wieder. Eine AfD, die als gesichert rechtsextrem gilt, wird von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eingeladen. Politiker, die sich für menschenfeindliche Positionen und Deportationen stark machen, werden zu legitimen Gesprächspartnerinnen gemacht.

Deportationen waren vor zwei Jahren noch ein extremer Randgedanke. Heute diskutieren wir sie in Talkshows. Morgen werden sie Gesetz. Das ist die Strategie der Vergiftung in kleinen Dosen, die Verschiebung des Denkens und des Handelns in Richtung Menschenverachtung. Man gewöhnt die Gesellschaft langsam daran, bis das, was unmöglich schien, plötzlich unvermeidbar ist.

Damit einher geht auch die Diffamierung von Gegenpositionen: Was heute als „links“ oder gar „linksextrem“ gilt, war vor zehn Jahren einfach: Anstand. Solidarität. Mitgefühl. Der Rechtsruck hat die Maßstäbe bereits massiv verschoben. Viele machen mit – statt dagegenzuhalten. Es ist Zeit, das Koordinatensystem wieder geradezurücken.

Wir sollten uns, unsere Freund*innen und Nachbar*innen jeden Tag daran erinnern:

Die AfD ist keine normale Partei! Die AfD ist keine demokratische Partei! Kandidat*innen der AfD sind nicht wählbar – egal ob sie Mitglieder der Partei sind oder nicht.

Die AfD ist eine faschistische, unsoziale, frauenfeindliche, queerfeindliche, rassistische Vereinigung von Rechtsextremist*innen, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Deshalb sagen wir: Keine Bühne für Faschisten! Nicht in Bad Freienwalde und nirgendwo!

Quellen:

i Jean-Pascal Hohm soll AfD-Jugend führen: Radikal diszipliniert | taz.de

ii www.afd-verbot.de/personen/jean-pascal-hohm; weitere Zitate von J.-P. Hohm aus dieser Datenbank: „Das Deutsche Volk als ethnische und kulturelle Gemeinschaft ist nicht verhandelbar“, „Der Bevölkerungsaustausch muss gestoppt werden“, „Remigration ist eine vernünftige, pragmatische und sozialverantwortliche Lösung“

iii Jean-Pascal Hohm: Bindeglied zum rechtsextremen „Vorfeld“ der AfD – Aktionsbündnis Brandenburg sowie Neonazistischer Gewaltaufmarsch: In Cottbus dient Corona nur noch als Vorwand – Belltower.News

iv Erik Lehnert, Fraktionsgeschäftsführer der AfD Brandenburg auf @deutschlandfunk (instagram) am 6.10.2025

v Vgl. rbb-Doku „Blaues Land“ vom 14.10.2025

vi Zwischen Desinformation und Gewalt: Wie die AfD den Neonazi-Angriff in Bad Freienwalde für ihre Agenda umdeutet – Amadeu Antonio Stiftung

vii Zum Toleranz-Paradoxon nach Karl Popper: Toleranz-Paradoxon – Wikipedia